DIE PREISTRÄGER DES 18. NEISSE FILMFESTIVALs

© Rafael Sampedro

Am Sonntag geht im Dreiländereck an der Neiße das 18. Neiße Filmfestival zu Ende. Bereits am Samstagabend wurden bei der Preisverleihung im Filmtheater Ebersbach die Neiße-Fische, die vom Strahwalder Künstler Andreas Kupfer gestalteten Preisskulpturen des Festivals, vergeben.

DREI-LÄNDER-FILMPREIS DER SÄCHSISCHEN KUNSTMINISTERIN FÜR DEN BESTEN SPIELFILM

Der mit 10.000 Euro dotierte "Drei-Länder-Filmpreis" der Sächsischen Kunstministerin für den besten Spielfilm, der vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus gestiftet wurde, ging an den tschechisch-slowakischen Beitrag "Služobníci" (Die Diener) von Ivan Ostrochovský. Die Jury mit der deutschen Regisseurin Susanne Heinrich, dem tschechischen Produzenten und Programmer Daniel Vadocký und dem polnischen Regisseur und Drehbuchautor Łukasz Grzegorzek musste sich im Wettbewerb zwischen je drei Spielfilmen aus Deutschland, Polen und Tschechien entscheiden. "Služobníci" erzählt eine universelle Geschichte über Freundschaft, Widerstand und Verrat, sparsam und wortkarg erzählt. "Jeder einzelne Frame dieses Films ist aufregend. Der raffinierte Schnitt, die sorgsam ausgesuchte visuelle Gestaltung, das geschmackvoll minimalistische Szenenbild und Amateurdarsteller*innen mit beeindruckend natürlichem Sschauspiel erzählen diese Geschichte ebenso lebhaft und plastisch wie angenehm distanziert. Aber vor allem ist dieser Film eine Erinnerung an das, was Kino ist: Ein Arrangement von Licht und Schatten und von Bewegung in der Zeit. Wunderschön!", so die Juroren in ihrer Begründung.

BESTE DARSTELLERISCHE LEISTUNG

Den von der Stadt Zittau gestifteten Preis für die beste darstellerische Leistung erhielt Sara Fazilat für ihre Performance in "Nico" von Eline Gehring (DE). Der Film erzählt die Geschichte der Wiedergeburt eines jungen, unbekümmerten und leicht verängstigten Mädchens in eine wachsame Frau voller innerer Aggression. "Die Regisseurin schafft es, das ausgeglichene Spiel ihrer Hauptdarstellerin Sara Fazilat zwischen merklich emotionalen Tönen zu kontrollieren. Durch die ständige Präsenz der Protagonistin entsteht eine emotionale Transparenz, die uns als Zuschauer auch das Innere der Hauptfigur spüren lässt." hob die Jury besonders hervor.

BESTES SZENENBILD

Vladimír Hruška wurde für seine Arbeit an "Havel" (CZ) von Slávek Horák mit dem von der Stadt Görlitz gestifteten Preis für das beste Szenenbild ausgezeichnet. "Der Film schildert auf sehr glaubwürdige Weise zwanzig Jahre Kommunismus - sowohl seinen lustvollen Überfluss und den Überschwang der Reichsten und Mächtigsten, als auch die Unzulänglichkeit und Armut der Ärmsten. Exzellent arrangierte Sets und die exakte Platzierung von scheinbar zufälligen Objekten, die einzelne Szenen sehr sinnliche aufladen, helfen dabei, ein genaues Bild jener Zeit zu zeichnen.", so die Juroren.

BESTES DREHBUCH

Der Neiße-Fisch für das beste Drehbuch, gestiftet vom Liberecký kraj, ging an Lars Hubrich und Regisseur Marcus Lenz für den deutschen Beitrag "Rivale“" Die Jury honorierte damit "… einem mutig geschriebenen Film über einen Jungen aus der vom Krieg zerrissenen Ukraine, der sich anpassen muss und seinen neuen Platz in den unerwarteten Umständen in Deutschland findet. Die Autoren gehen ein Risiko ein, indem sie ein kompliziertes Universum aufbauen, in dem der Junge als Kämpfer agieren und nicht nur ein weiteres Opfer sein kann. Seine Geschichte, verwoben mit den Geschichten seiner Mutter und ihrer Geliebten, bietet nicht nur fesselnde Intrigen, sondern auch ein sehr interessantes Porträt eines mutigen Jungen, das Licht und Schatten einer süchtig machenden Liebe zeigt."

BESTER DOKUMENTARFILM

Der polnische Beitrag "Zwyczajny kraj" (Normales Land) von Tomasz Wolski erhielt den von "So geht sächsisch." gestifteten und mit 5.000 Euro dotierten Preis für den besten Dokumentarfilm. Die Jury mit den drei Dokumentarfilmer*innen Yulia Lokshina (DE), Tomáš Elšík (CZ) und Michal Bielawski (PL) hob in ihrer Begründung hervor: "In seinem Film lädt uns Tomasz Wolski in eine Welt ein, in der sich das Gewöhnliche in einer Metamorphose befindet. Sorgfältig rekonstruiert er dabei mit Material, das durch den polnischen Geheimdienst aufgenommen wurde, eine Umgebung der Gefahr und Vorsicht. Die Szenen meist weit davon entfernt, spektakulär zu sein. Sie zeigen alltägliche Routine: Fetzen eines Telefongesprächs, gewöhnliche Menschen an den Straßen, in Parks oder Kneipen. Manche Autos werden verfolgt, Räumlichkeiten durchsucht, um Agenten der nächsten Generationen auszubilden. Durch das scheinbar bedeutungslosen Bilder erzählt der Regisseur vom brutalsten Aspekt politischer Unterdrückung innerhalb eines autoritären Regimes."

BESTER KURZFILM

Den Preis für den besten Kurzfilm erhielt der tschechische Beitrag "Jsme si o smrt blíž" (Wir sind uns einen Tod näher) von Bára Anna Stejskalová über einen kleinen Parasiten im Kadaver eines Hundes und sein (Über-)Leben auf einer Müllkippe. Über den vom Studierendenrat der Hochschule Zittau/Görlitz gestifteten Preis entschieden die deutsche Festivalorganisatorin und Programmerin Anne Gaschütz, die tschechische Kuratorin Radka Weiserová und der polnische Drehbuchautor und Regisseur Bartek Kędzierski. In der Begründung der Jury heißt es: "Eine tolle Geschichte zu finden ist bloß der erste Schritt. Danach, musst man als Filmemacher*in die geeignete Sprache wählen, um die Geschichte den Zuschauern zu erzählen. Und die beste Sprache ist die gewöhnlichste Sprache. Die gewöhnlichste bedeutet: ohne Wörter. "Wir sind uns einen Tod näher" ist etwas einzigartiges. Die universelle Liebesgeschichte, die wortlose Sprache, die altmodische Stop-Motion-Technologie, eine niedliche Protagonistin (ein niedlicher Protagonist), eklige Bösewichte, ein wunderschönes Bühnenbild, und... ferngesteuerte Zombies. Wir lieben sie alle!"

Eine lobende Erwähnung gab es im Kurzfilmwettbewerb für "Top Down Memory" (Erinnerungen von oben nach unten) von Daniel Theiler (DE).

SPEZIALPREIS DES FILMVERBAND SACHSEN

Der Filmverband Sachsen vergab seinen Spezialpreis in diesem Jahr an den Dokumentarfilm "Grenzland" von Andreas Voigt. Der Film beschäftigt sich mit der Lebensgeschichte von Jan Müller, der 1936 in Georgswalde, dem heutigen Jirikov, geboren wurde und die Veränderungen einer Region hautnah bezeugen kann. Bereits 1991 besuchte Voigt die deutsch-polnische Grenze. Knapp 30 Jahre später reist er erneut in die Region, sucht und findet Begegnungen auf beiden Seiten der Oder und der Neiße. Die Themen sind Arbeit, Heimat und Liebe. Seine Beobachtungen erscheinen wie Geschichten vom "Rand" - dabei kommen sie aus der Mitte Europas. Voigt trifft auf Menschen, ihre Geschichte und ihre Landschaft. Im Norden das Stettiner Haff, im Süden Niederschlesien - dort, wo im Dreiländereck Polen, Deutschland und Tschechien zusammentreffen.

EHRENPREIS

Seiner Ehrenpreis vergab das Neiße Filmfestival an die tschechische Regisseurin und Drehbuchautorin Helena Třeštíková, und damit erstmals an eine Dokumentarfilmer*in.

 

 

Die Abstimmung für die Publikumspreise ist in diesem Jahr aufgrund des verkürzten Programms noch bis zum Festivalsonntag möglich. Die Publikumslieblinge werden nachträglich informiert und erhalten ihren Neiße-Fisch per Kurier.