Spektrum Dokumentarfilm

Afghanistan, Ukraine, Hohenschönhausen, Prag, Uckermark, Böhmerwald, Polen, Bolivien, Anarchie und eine Buchbiografie – so vielfältig kommt in diesem Jahr die Spektrumreihe für den Dokfilm ins Festival. Es ist ein Blick in eine Welt, die sich rasant verändert. Oder nehmen wir dies nur so war, weil uns der Dokfilm diesen Blick erlaubt? Die Welt wird eine Andere, auch und besonders, weil wir wahrnehmen, was in ihr geschieht: all ihre Katastrophen und Paradoxien genauso, wie berührende Zeugnisse von Lebensfreude und Verbundenheit. Kommen wir also an in dieser Welt – kommen wir in Kontakt! Zu den Themen der Filme, den Protagonisten auf der Leinwand, zu den Filmemachern und dem Besucher neben mir. Unser Motto: Ein Leben ohne Dokfilm ist möglich, aber ärmer. In diesem Sinn, Film ab!

 

Landstück / Kawałek ziemi / Kus země

D | 2016 | 122 min | DCP, OF + en UT

Regie: Volker Koepp
Drehbuch: Volker Koepp, Barbara Frankenstein
Kamera: Lotta Kilian
Produktion: Fritz Hartthaler

Im Nordosten Deutschlands wird seit Jahrhunderten Landwirtschaft betrieben. Die weitgeschwungenen Felder der Uckermark reichen bis zum Horizont. Als die LPGs der DDR abgewickelt wurden, konnten sich die Äcker erholen. Naturschutzgebiete sind entstanden und bäuerliche Familienbetriebe haben sich auf ökologischen Anbau umgestellt. Doch die globale Gier nach Land hat auch Brandenburg erreicht. Der Film handelt vom Leben der Menschen in dieser dünnbesiedelten Gegend. Dorfbewohner, Zugezogene, Landwirte und Umweltschützer erzählen von ihrem Alltag, ihren Sorgen und Visionen.

 
Zu Gast: Volker Koepp, Fritz Hartthaler

12.05. 20:00 | Kunstbauerkino 1, Großhennersdorf

 

This is not paradise / To nie jest raj / Tohle není ráj / Dies ist nicht das Paradies

IT | 2014 | 52 min | DCP, OF + en UT

Regie: Gaia Vianello, Lisa Tormena
Drehbuch: Gaia Vianello, Lisa Tormena
Kamera: Matteo Lolletti
Produktion: Gaia Vianello, Lisa Tormena, Sunset Soc. Coop.

Im Libanon leben Tausende von Migranten unter sklavenähnlichen Bedingungen und ohne jeglichen rechtlichen Schutz. Human Right Watch hat darauf hingewiesen, dass seit 2007 im Durchschnitt 2 Frauen pro Woche Selbstmord begehen. Die Dokumentation zeigt Geschichten von Frauen, die es geschafft haben sich aus dieser Lage zu befreien und von Vereinen im Kampf für Migrantenrechte und anaylisiert dabei ein heikles und bisher wenig beachtetes Thema im Libanon und Nahen Osten - wo heute, dank des Engagement der Zivilgesellschaft und der jungen Generation, ein radikaler Wandel zum Besseren im Gange ist.

 

15.05. 17:30 | Kunstbauerkino 1, Großhennersdorf

 

Boží mlýny / Gottes Mühlen / Boże młyny

CZ | 2015 | 60 min | DCP, OF

Regie: Josef Císařovský
Drehbuch: Lenka Slívová
Kamera: Michal Němec
Produktion: Aleš Hudský

Der Böhmerwald ist voll von bizarren, tragikomischen sowie absurden Geschichten. Zugleich erinnert er auf beängstigende Weise, wie leicht und schnell das sichere Heim sich in einen Ort des Schreckens verwandeln kann. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Böhmerwald zur grausamen Todeszone. Durch den Eisernen Vorhang flüchteten nicht nur die Bürger der Tschechoslowakei nach Westen, sondern auch dessen Bewacher. Ehemalige Bewohner mussten später von der anderen Seite der Grenze beobachten, wie Planierraupen ihre einstigen Häuser zerstören und die Kirchtürme einstürzen.

 
Zu Gast: Josef Císařovský, Michal Němec, Aleš Hudský, Lenka Slivova

13.05. 22:00 | Kulturfabrik MEDA, Mittelherwigsdorf

15.05. 15:00 | Kunstbauerkino 2, Großhennersdorf

 

Der Ost-Komplex / Kompleks Wschodu / Východní komplex

D | 2016 | 90 min | DCP, OF + dt UT

Regie: Jochen Hick
Drehbuch: Jochen Hick
Kamera: Jochen Hick, Nicolai Zörn
Produktion: Jochen Hick
Darsteller: Mario Roellig

Auch 25 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung wird gestritten, ob die DDR ein Unrechtsstaat war. Jochen Hick porträtiert mit Mario Röllig einen Zeitzeugen, der 1987 in Ungarn wegen Republikflucht festgenommen und 1988 von der BRD freigekauft wurde. Heute hält er Vorträge und gibt Führungen im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen. Hick ist stets nah dran und trotzdem auf Neutralität bedacht. Bei Konfrontationen mit Sympathisanten der ehemaligen DDR wird am deutlichsten, dass der Kampf um die Deutungshoheit über die Geschichte der DDR mit Tabus besetzt und individuellen Traumata belastet ist.

 
Zu Gast: Jochen Hick

12.05. 17:30 | Kunstbauerkino 2, Großhennersdorf

14.05. 20:00 | Kulturfabrik MEDA, Mittelherwigsdorf

 

Vorfilm: Leipzig von oben / Lipsk z góry / Lipsko shora

D | 2016 | 20 min | DCP, OF + en UT

Regie: Schwarwel
Drehbuch: Schwarwel
Kamera: Schwarwel
Produktion: Glücklicher Montag | Sandra Strauß
Animation: Schwarwel

Autobiografischer Film über das Leben und Sterben in Leipzig, einer Stadt des Handels und der Kultur, der selbst 40 Jahre DDR-Mief diesen ganz speziellen Hauch von Weltstadt nie austreiben konnte.

 

12.05. 17.30 | Kunstbauerkino 2, Großhennersdorf

14.05. 20:00 | Kulturfabrik MEDA, Mittelherwigsdorf

 

Przedpokój do raju / Vorraum zum Paradies / Předpokoj do ráje

PL, BO | 2015 | 60 min | BR, OF + dt Ü

Regie: Bogdan Lęcznar, Dorota Petrus
Drehbuch: Bogdan Lęcznar
Kamera: Rafal Jerzak
Produktion: Bogdan Lęcznar

Der Polnische Missionar und Musikwissenschaftler, Piotr Nawrot, fand seine Bestimmung im Dschungel von Bolivien: dort hilft er, eine 300 Jahre alte Musiktradition der einheimischen Indianer zu bewahren. „Da gibt es einige Dörfer", sagt Piotr, "in denen von 2.000 Bewohnern 600 Noten lesen können.“ Er entdeckte eine der kostbarsten Notensammlungen der Barockzeit. Komponiert wurde nicht nur in Europa, sondern auch im Dschungel. Überzeugt davon, dass Musik die wunderschönste Form des Gebetes ist, wandert er durch die Dörfer und probt mit den talentierten Jugendlichen.

 
Zu Gast: Bogdan Lęcznar

14.05. 16:00 | Kulturfabrik MEDA, Mittelherwigsdorf

 

Arlette. Mut ist ein Muskel. / Arlette. Odwaga jest siłą. / Arlette. Odvaha je sval.

D, CH | 2015 | 84 min | DCP, OF + en UT + dt Ü

Regie: Florian Hoffmann
Drehbuch: Florian Hoffmann
Kamera: Katharina Diessner, Mathilda Mester
Produktion: Tim Oliver Schultz

Eine Reise von Afrika nach Berlin wird unverhofft zu einer Reise von der Kindheit ins Erwachsenenleben. Im Mittelpunkt des Films steht Arlette, ein kriegsversehrtes 15-jähriges Mädchen aus der Zentralafrikanischen Republik. In Berlin wird sie bei einer Knie-Operation von jahrelangen Schmerzen befreit. Mit der Veränderung ihres Körpers entwickelt sich auch ihr inneres Wesen: Plötzlich stürzt sie in die Pubertät. Doch dann entflammt in ihrer Heimat erneut der Krieg. Arlette muss erwachsen werden und die Entscheidung über ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen.

 

11.05. 17:30 | Kunstbauerkino 2, Großhennersdorf

14.05. 18:00 | Kulturfabrik MEDA, Mittelherwigsdorf

 

Buchbiografien / Biografie książek / Biografie knih

D | 2015 | 66 min | DCP, OF + en UT

Regie: Heiko Volkmer
Drehbuch: Heiko Volkmer
Kamera: Michael Steinhauser, Heiko Volkmer
Produktion: Heiko Volkmer

Anhand des Buches „Mein Erkenntnisweg – Expedition in die Abgründe der Entfremdung“ folgt der Film der Buchproduktion und begegnet dabei unterschiedlichen Menschen, die von ihrer Arbeit, Arbeitseinstellung und Lebensgeschichte berichten. Dazu gehören unter anderem die hoch technologisierte Holzernte, der Autor im Halbdunkel seines Arbeitszimmers, der Independent-Verleger, die gelernte Buchhändlerin im Call-Center und der Philosophie Professor in seinem Antiquariat. Parallel wird die Entstehung des Buches selber als konkretes Beispiel einer Buchproduktion dargestellt.

 
Zu Gast: Heiko Volkmer

13.05. 20:00 | Kulturfabrik MEDA, Mittelherwigsdorf

 

Mánes na vodě / Mánes am Wasser / Mánes nad wodą

CZ | 2015 | 52 min | DCP, OF + en UT

Regie: Vladimír Škultéty
Drehbuch: Vladimír Škultéty
Kamera: Gašper Šnuderl
Produktion: Ivo Krátký, Petr Koza

Der Film skizziert die Geschichte des Mánes von seiner Errichtung während der Ersten Republik bis heute. Diese wichtige Galerie und Zentrum des gesellschaftlichen Lebens, stets kulturell genutzt, spiegelt die soziale Atmosphäre der verschiedenen historischen Epochen wider. Der Film verbindet einen Bericht über die kürzlich stattgefundene Renovierung mit Archivmaterial und inszenierte Szenen. Sie stellt sich den Ansichten verschiedener Menschen, die mit diesem architektonisch außergewöhnlichen Bauwerk verbunden sind und für die der Mánes zu den bekanntesten Symbolen der Stadt Prag gehört.

 

12.05. 18:00 | Kino Varšava, Liberec

 

Amnezja / Amnesie / Amnézie

PL | 2015 | 56 min | BR, OF + en UT + dt Ü

Regie: Jerzy Śladkowski
Drehbuch: Piotr Piwowarczyk
Kamera: Wojciech Staroń, Sławomir Grünberg
Produktion: Lucyna Kowalska, Dariusz Kowalski

Piotr hat 22 Jahre in Polen gelebt. Doch erst nach 20 Jahren im Exil erfährt er, dass 300 Meter entfernt von seinem Familienhaus am 4. Juli 1946 der sogenannte Pogrom von Kielce stattgefunden hat. Damals starben 42 Menschen. Ein Telefonat mit seiner Mutter verrät die unbekannte Begebenheit in seiner Familiengeschichte. Um alles endgültig zu klären, kommt Piotr zurück in sein Elternhaus nach Polen. Verwicklungen der Tatsachen, Interpretationen der Ereignisse und vor allem Emotionen sorgen dafür, dass nichts mehr eindeutig erscheint.

 

14.05. 13:00 | Kunstbauerkino 2, Großhennersdorf

 

Český žurnál: Blízký daleký východ / Tschechisches Journal: Naher ferner Osten / Czeski żurnal: Bliski daleki Wschód

CZ | 2015 | 70 min | BR, OF + en UT

Regie: Filip Remunda
Drehbuch: Filip Remunda
Kamera: Martin Tokár
Produktion: Petr Kubica

Dieser Film erzählt über die Situation in der heutigen, vom Krieg zerrissenen Ukraine. Filip Remunda reiste dafür ein Jahr als Filmemacher durch das ganze Land. Von Transkarpatien im Westen über Kiew bis in den besetzten Osten versucht er zu verstehen, wie die Menschen in diesem geteilten Land leben. Was glauben die einfachen Ukrainer, wie denken sie über die jüngsten Ereignisse? Und wie reagieren sie auf die Propaganda, die mit der eigenen Wahrnehmung nur selten etwas zu tun hat? Entstanden ist ein tief empfundenes und aufrichtiges Porträt der Ukraine und seiner Menschen.

 

13.05. 15:00 | Kunstbauerkino 2, Großhennersdorf

 

Nieobecność / Abwesenheit / Nepřítomnost

PL | 2015 | 66 min | BR, OF + en UT

Regie: Magdalena Łazarkiewicz
Drehbuch: Magdalena Łazarkiewicz
Kamera: Wojciech Todorow, Adam Zapała
Produktion: Sylwester Banaszkiewicz, Marcin Kurek

Magdalena Lazarkiewicz schuf eine Art filmisches Mosaik über ihren früh verstorbenen Mann – den Regisseur Peter Łazarkiewiczu – mit Fragmenten aus seinen Filmen, Fernsehsendungen, TV- und Radiointerviews. Es ist die Geschichte eines faszinierenden Mannes und seines umfangreichen Schaffens. Er ist gegangen, hat aber deutliche Spuren hinterlassen. Diesem Porträt fehlt der sentimentale Ton, es ist ein wichtiges Dokument über die Lebens- und Arbeitsrealitäten der Filmemacher der 80er Jahre in Polen.

 
Zu Gast: Magdalena Łazarkiewicz

12.05. 19:00 | Kino PozaNova, Zgorzelec

 

Projekt A

D, E, GR, CH | 2015 | 84 min | DCP, OF + dt UT

Regie: Marcel Seehuber, Moritz Springer
Drehbuch: Marcel Seehuber, Moritz Springer
Kamera: Marcel Seehuber
Produktion: René Römert, Jan Krüger

Der Film taucht ein in die vielschichtige Welt von Anarchisten und bricht mit gängigen Klischees über Steinewerfer und Chaoten. Vielmehr öffnet er den Blick auf eine Bewegung, die das Unmögliche fordert, an den Grundfesten unserer Gesellschaft rüttelt und gerade deshalb das Augenmerk auf zentrale, ungelöste Fragen unserer Zeit lenkt. Wir erleben eine politische Bewegung, ihre Theorie und Menschen, die sich für deren Verwirklichung einsetzen: Ein radikaler Ansatz, denn die Protagonisten von PROJEKT A stellen nichts weniger als die Grundprinzipien der kapitalistischen Weltordnung in Frage.

 
Zu Gast: Marcel Seehuber, Moritz Springer

13.05. 20:00 | Emil, Zittau

14.05. 22:00 | Camillo Kino, Görlitz

 

Boy / Junge / Chłopiec / Chlapec

D | 2015 | 30 min | DCP, OF + en UT + dt Ü

Regie: Yalda Afsah, Ginan Seidl
Drehbuch: Yalda Afsah, Ginan Seidl
Kamera: Ginan Seidl
Produktion: Ray Peter Maletzki, Stephan Helmut Beier

Der Film begleitet das Leben eines afghanischen Mädchens in Mazar-e-Sharif, das als Junge aufgezogen wird, und er erzählt die Geschichte einer jungen afghanischen Sängerin, die sich als Junge verkleidete, um ein "freieres Leben" zu führen und inzwischen in London lebt. Um die Erzählung ranken sich ausschnitthafte, nahe Beobachtungen und atmosphärisch-beschreibende Landschaftsaufnahmen von urbanen und ländlichen Räumen.

 
Zu Gast: Yalda Afsah, Ginan Seidl. Ray Peter Maletzki, Stephan Helmut Beier
Diskussion mit Filmemachern und Ansgar Schmidt, Pfarrer der ev-luth. Kirchengemeinde Zittau

14.05. 12:00 | Kronenkino, Zittau

 

Maandi ma nakser / Nichts zu verlieren / Nic do stracenia / Nemít co ztratit

TN, D | 2016 | 26 min | HD-File, OF + en UT + dt Ü

Regie: Hamza Belhadj
Drehbuch: Hamza Belhadj, Ahmed Belhadj
Kamera: Rafael Sampedro, Mahmoud Lahouel, Safouen Jallouli
Produktion: Hamza Belhadj, Rene Beder, Rafael Sampedro

Wunderbar fotografiert, wunderbar erzählt. Ein junger Mann, der aus Tunesien kommt und in Deutschland lebt, macht sich auf den Weg in seine Heimat. Dort hat sich vieles geändert. Der Film enthüllt es uns in winzigen Dosen. Schritt um Schritt verstehen wir die Situation in der Familie, im Land. Rechtgläubige wie der Vater, Andersgläubige wie die Mutter, Ungläubige wie manche Kinder, laut und leise Verzweifelte weit und breit. Ein Panorama der Lebenskunst in schwierigen Zeiten ist zu sehen, aber auch das Scheitern einer Generation, die den Verheißungen der Welt gern glauben würde.

 
Zu Gast: Ahmed Belhadj

14.05. 11:30 | Kronenkino, Zittau